Ich habe allen Respekt vor Leuten, die in einem Grenzbereich von Erfahrung und Denken, in sich religiöse Ambitionen aufgreifen und sich zum Glauben entscheiden.
Wer nun so glaubt, sollte sehr genau prüfen, was nach diesem ersten Glaubensschritt durch einschlägige Sozialisation und Sprache, durch in Geborgenheitserfahrung eingekleidete Abhängigkeit in geschickt konstruierten religiös-kirchlichen Gemeinschaften noch darüberhinaus und ohne Vernunftskontrolle an weiteren Glaubensschritten geschieht.
Wenn Seehofer feststellt, unsere geschichtlich-kulturelle Entwicklung sei eindeutig christlich geprägt, unterstellt er dabei, dass alle Vorzüge unserer heutigen hiesigen "abendländischen" Verhältnisse vor allem ebenso einschlägig geprägt seien. Solches impliziert dann, dass durch Öffnung gegenüber anderweitiger relgiöser Praxis das Erreichte möglicherweise gefährdet sei. Darin sehe ich Demagogie.
Seehofer blendet aus, dass unsere freiheitlich demokratische Grundordnung eigentlich trotz des alliierten Widerstand von Kirche und Staat gegen entsprechendes Gedankengut der Bürger sich entwickelt hat. Zur Einschätzung des notwendigen Beitrags des Christentums zu gesellschaftlicher Entwicklung sei nur auf die jahrhundertelange Gegenwart des Christentums in Afrika und Lateinamerika und die dort andauernden Verhältnisse verwiesen. Zur Auffrischung mit Lokalkolorit könnte er sich auch mal Ludwig Thomas "Andreas Vösts" herausgreifen.
Es kann natürlich leicht sein, dass H. Seehofer als aktueller Profiteur dieser Verquickung kirchlicher und staatlicher (CSU)-Verhältnisse gern an dessen Vorzüge glaubt. Er suggeriert mit seinem Hinweis auf die "offensichtliche" Verquickung Christentum und Abendland, dass mehr praktizierter Islam in Deutschland, die an sich von uns allen zu verteidigende freiheitliche demokratische Grundordnung, unsere eigentliche hiesige Befindlichkeit, unseren Wohlstand gefährden könnte. Das glauben offenbar viele ohne den Sachverhalt genauer zu prüfen, deshalb ist das Demagogie. Bollwerke und Fundamente haben sich in dieser Auseinandersetzung im Vergleich mit prinzipieller Toleranz gegenüber diversen religiösen Praktiken geschichtlich gesehen nicht bewährt.
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