Sonntag, 19. Juni 2011

Armgerechnet? 125.000 Selbstständige auf Hartz IV

Zwischen 2003 und 2006 wurden mehr als eine Million vormals Arbeitsloser bei der Gründung eines Unternehmens gefördert. Weitere Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) berichten, dass heute, also 5 Jahre später, noch etwas mehr als die Hälfte der ehemaligen Ich-AG-Gründer/innen in Voll- oder Teilzeit selbständig tätig sind - sagen aber nichts aus, zu den näheren Umständen. Die Arbeitsagentur stellt nur fest, dass im Zeitraum 2007 bis 2010 die Zahl der Selbstständigen mit Hartz-Bezug um 50.000 zunahm. 

Da unser angeblicher Wohlstand, bei wachsender Beschäftigungsquote begleitet wird durch eine sinkende Lohnsumme, hätte ich mit einem Vielfachen an solchen problematischen Selbstständigen gerechnet. Viele schämen sich  vor einer Antragstellung oder sie sind gerade noch dabei, angespartes Vermögen und Altersrücklagen soweit zu verbrauchen, bis eine Antragstellung Aussicht auf Erfolg hat. Wir lesen „Arbeitsvermittler beobachten dieses Phänomen mit Sorge, weil sie einen Missbrauch des Sozialstaates fürchten.“ Heinrich Alt, der oberste fachkundige Arbeitslosenverwalter, stachelt weiter an, die Leistungen zeitlich zu begrenzen, weil man ja irgendwann schwarze Zahlen schreiben müsse. Er würde diese Menschen vermutlich  lieber als Arbeitslose in Maßnahmen stecken haben als sie so dahin werkeln  zu lassen. 

Hartz IV ohne Wirkung“ lasen wir als Bericht noch vor kurzem in den Zeitungen. Es ist ein Skandal, wie eine gescheiterte Behörde ihr Klientel zum Sündenbock stilisiert und nicht nur mit Saufen und Rauchen, sondern nun auch mit Betrug charakterisiert. Jedoch ist sie bis heute nicht in der Lage, ihr Klientel mit genaueren Daten zur Problemstruktur zu beschreiben. Mittlerweile werden dreistellige Milliardenbeträge von der Bundesagentur für Arbeit bis hin zur Subvention für die Ein-Euro Jobs ausgegeben, damit ja kein fauler Arbeitsloser entkommt. 

Unseren Politikern fällt als Problemlösung nur noch mehr Kontrolle und Überwachung ein. Mir scheint dagegen die Zeit reif für ein Bürgergeld. Modelle zu einer Grundversorgung aller Bürger liegen in verschiedenen Varianten in den Schubladen sämtlicher Parteien. Bürgergeld könnte gegenüber dem unglaublich angewachsenem Kontrollbedürfnis unseres Staatsapparates der Einstieg sein in eine neue, selbstbestimmtere Sozialpolitik.

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